Barrierefreiheit war nicht nur bei der Theaterperformance ein großes Thema. Auch die wahren Orte, auf die im Stück Bezug genommen wird, konnten im Rahmen einer Stadtführung mit ÖGS erkundet werden.
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Hier der Link zum ersten Teil!
[GW.tv]: Du hast ja gesagt, dass du einem Charakter, einer Rolle, folgst. Wie ist da die Zusammenarbeit? Und wie läuft die Kommunikation mit dem gesamten Team ab?
[Pam Eden]: Wir haben schon im Vorfeld darüber gesprochen. Die Schauspielerin hat mich auch gefragt, wie sie sich verhalten soll, oder ob sie sich anders verhalten soll, damit es für die gehörlosen Zuschauer:innen passt. Sie hat mir viele Fragen gestellt, das Interesse war groß. Wir haben auch gemeinsam überlegt, wie wir das am besten umsetzen können, auch die Beleuchtung war eine große Herausforderung. Hier ist es wirklich sehr dunkel. In einem Raum war es wirklich extrem dunkel. Da haben wir lange überlegt, wie wir das machen und haben dann ein extra Licht nur für mich angebracht. Wenn die Schauspielerin den Raum betritt, dreht sie das Licht auf und ich stelle mich ins Licht und beginne zu gebärden. Danach drehe ich das Licht wieder ab. Das ist Team-Arbeit. Auch andere Charaktere sind zu mir gekommen und haben mich gefragt, was sie verbessern oder wie sie mich unterstützen können. Ich habe dann gesagt, dass sie in diesem Raum, wo wir jetzt sind, im Cafe, langsam, besonders deutlich und lauter sprechen sollen. Sie wissen, dass es für mich dann leichter ist. Sie haben sehr viel Rücksicht auf mich genommen. Das war toll.
[GW.tv]: Gute Team-Arbeit.
[Pam Eden]: Ja, schon im Vorfeld. Gute Team-Arbeit. Ja genau. Das ist auch ganz wichtig. Es soll nicht so sein, dass nur ich meine Sache mache und aus. Das ist ein Prozess. Es braucht die Team-Arbeit, den Austausch, die Erfahrungen, die verschiedenen Perspektiven, ob es für gehörlose Menschen gut ist oder wo es noch Barrieren gibt. Wir haben herumprobiert, mit dem Ziel, dass es für die gehörlosen Zuseher:innen ein volles Erlebnis wird. Das ist das Ziel.
[GW.tv]: Gab es irgendwelche technischen oder organisatorischen Dinge, die zu bedenken waren? Jetzt mit dieser Form der Darbietung, also dass man da eben auch Gebärdensprache mit einfließen lässt.
[Hanna Steinmair]: Also auf einer technischen Ebene war auf jeden Fall nochmal zu überdenken, wie die Lichtsituationen sind, weil das Stück relativ dunkel ist und dann mussten wir überprüfen, wie sind die Sichtachsen und die Positionen im Raum. Und das ist ja oft bei Dolmetsch-Performance oder Gebärdensprachdolmetschung, da stand die Person ganz am Rand. Das heißt, das Publikum kann eigentlich nicht gleichzeitig das Geschehen und die Dolmetscher:innen sehen. Und es war uns halt sehr wichtig, dass das wirklich Teil des Geschehens ist und auch Teil der künstlerischen Auseinandersetzung. Deswegen haben wir immer geschaut, wo kann Pam sein, dass man sieht, wie nahe kann sie sein, dass man eigentlich sie und auch das Geschehen gleichzeitig erleben kann. Das war eine Sache, die wir überlegt haben. Und dann haben wir natürlich auch gemerkt, dass es sozusagen so einen Theaterbetrieb auf vielen Ebenen vor notwendige Herausforderungen stellt. Jetzt auch hörbehindertes Publikum vor Ort zu haben, zum Beispiel. Das beginnt beim Abenddienst, wenn dann die Leute kommen. Wir haben dann gut ausgeschildert, uns nicht darauf verlassen, dass man lautsprachlich Dinge sozusagen noch nach kommunizieren kann, sondern auch im Voraus. Die Leute, die dann arbeiten, haben auch kleine Blöcke und Stifte dabei, also es sind dann auch so Kleinigkeiten, wo man sich eigentlich überlegen kann, wie können wir da auch wirklich offen sein und willkommen heißen. Und das zieht sich in so einem Theaterbetrieb durch ganz viele Abteilungen. Also es geht dann auch darum: Wie können wir einladen? Wie müssen wir unsere Ansprache verändern? Können wir da auch Videos in ÖGS haben, so wie ihr eines macht? Also im besten Fall, glaube ich, lernen wir da sehr viel. Auch darüber, wie exklusiv Theater jahrhunderte-, jahrtausendelang war und was wir für Arbeit vor uns haben, um das wirklich zu öffnen.
[GW.tv]: Wie war es für dich, für gehörloses Publikum zu spielen? Wie hat sich das angefühlt?
[Gisa Fellerer]: Also für mich, war es eigentlich – muss ich sagen – wirklich kaum ein Unterschied. Wir sind es eigentlich gewohnt, also wenn wir bedroht werden oder ähnliches, ist das Publikum ohnehin sprachlos, würde ich jetzt mal sagen. Also teilweise fehlen halt die Antworten, es fehlen halt die guten Ratschläge, es gab halt bei der Geschichte, die wir erzählen, auch nicht immer einen Ausweg oder nicht immer eine gute Idee, die jetzt jemanden rettet. Und das war halt eben so für mich auch, ich habe gesehen, wie sehr sie quasi an Pam und an mir die Aufmerksamkeit da ist und wie schön es auch ist, wahrgenommen zu werden. Es gab nur eine lustige Begebenheit, da hab ich dann die Pam nachher gefragt. Da habe ich gesagt, die haben getratscht hinter mir. Also weil ich es gesehen habe und dann haben sie sich halt weiter über das Stück unterhalten. Also natürlich bei Personen, die sprechen, da merke ich das halt. Es fällt natürlich halt irgendwie auf, aber es war für mich auch eigentlich komplett natürlich. Also so wie es halt bei jeder Vorstellung ist, muss ich auch sagen.
[GW.tv]:Was ist hier drinnen?
[Pam Eden]: Das ist die Wohnung.
[GW.tv]:Interessant.
[Pam Eden]: Wir sind hier in der Wohnung des Charakters “R”.
[GW.tv]: Kommt mit! Da liegt noch alles herum. Ja, Wein, Sekt, …
[Pam Eden]: Die Zuschauer:innen kommen herein und können sich da hersetzen oder dorthin oder vielleicht auch aufs Bett. Sie können reden. Genau, sie unterhalten sich vermutlich. Zum Beispiel sitzt hier ein anderer Charakter und ich stelle mich daneben und gebärde. Ich gebärde was gesagt wird und gebe auch die Emotionen für die Zuschauer:innen wieder. Ich bin sozusagen der Spiegel.
[GW.tv]:Man kann sich auch gemütlich hierher setzen.
[Pam Eden]: Ja genau.
[GW.tv]: Man kann sich von hier aus das Theaterstück anschauen. Wow, das ist spannend. So etwas habe ich noch nie erlebt.
[GW.tv]: Das heißt, man hat schon selbst ein Gefühl, ob das Theaterstück beim gehörlosen Publikum ankommt.
[Gisa Fellerer]: Auf jeden Fall. Also ich merke genau, also ich würde da jetzt sagen, ich merke eigentlich keinen Unterschied, also ob sozusagen meine Geschichte jemanden ergreift oder ob Mitleid, Empathie oder ähnliches halt eben einfach da ist. Das funktioniert eigentlich sehr gut und das war uns halt auch für Nesterval wichtig, das auch möglich zu machen. Und als ich die Anfrage bekommen habe, wie gesagt, ich hatte sehr viel Respekt, aber eben in der Erarbeitung, also weil wir auch schon im Probenprozess gemeinsam gearbeitet haben, war es dann eigentlich halt easy, würde ich jetzt mal sagen. Also wir mussten halt in manchen Räumen, nachdem wir ja eigentlich vom Regie- und Lichtkonzept her mit wenig Licht arbeiten, weil auch die Räume, also auch das Bühnenbild, so Zitate aus realen Räumen sind, haben wir dann ein bisschen darauf geachtet, gut, wo kann Pam stehen. Also sozusagen, dass das Publikum halt meine Mimik sieht und Pam aber beim Gebärden sieht. In dem einen oder anderen Raum gibt es noch ein extra Licht, weil der halt wirklich sonst zu düster wäre und das wäre dann einfach nicht möglich gewesen. Aber das war eigentlich eine Kleinigkeit, würde ich jetzt mal sagen. Und es ist halt wirklich toll, dass wir das halt eigentlich machen können. Und es macht mir auch immer sehr viel Freude.
[GW.tv]: Gibt es schon Feedback zum Theaterstück? Ist in Zukunft etwas geplant, wo man dieses Feedback vielleicht auch einbauen kann?
[Hanna Steinmair]: Bisher haben wir wirklich sehr schönes Feedback erhalten. Also wir haben schon neue, aber wir müssen noch mehr versuchen, wie wir tatsächlich mit der Zielgruppe und auch länger im Voraus in Kontakt treten können. Aber die Leute, die dann gekommen sind, haben sich sehr aufgefangen gefühlt. Und ich glaube auch, weil hier wirklich so eine eigene Welt geschaffen wird, in der man dann teilhaben kann und das Stück geht auch über drei Stunden und es ist tatsächlich so ein Erlebnis, in das man eintaucht und es ist auch ein besonderes Performance-Format, also mit diesen vielen Räumen. Man ist ein Gedanke der Person, man taucht wirklich in eine andere Zeit ein und ich glaube, die Leute haben dann eher erwartet, so ein sehr klassisches Programm zu sehen und dann aber sozusagen wirklich die Möglichkeit, in eine andere Zeit wieder hineinzuschlüpfen und so diese unerzählten Geschichten mitzubekommen, davon auch Teil zu sein, glaube ich, war schon was sehr Besonderes. Und dazu haben wir auch wirklich viel, viel positives Feedback gehört.
Musik
Gesang mit Musikbegleitung ♪ Willkommen, bienvenue, welcome! ♪ ♪ in der Kantine ♪ ♪ bei Nesterval ♪ Applaus
[GW.tv]: Hinter mir sind schon einige Leute versammelt. Sie sind heute hergekommen, um an der Stadtführung mit ÖGS teilzunehmen. Die Stadtführung schließt an das Theaterstück von Nesterval bei brut an. Ich bin schon gespannt, welche Orte wir besuchen.
[Tour Guide]: […] die Nachtpresse, das ist so ein kleinformatiges Schundblatt […] von Sexarbeiter:innen […] Paragraph, der von der Ost- […] Also wenn ihr das Stück seht, gibt es diese Bad-/Saunaszene – je nachdem welchem Gedanken ihr folgt. Das ist eine Anspielung auf das Römerbad, das hinter uns gewesen ist.