Diese Woche blicken wir auf unsere Lieblingsbeiträge von der Aktionswoche zurück. Heute ist Caro dran — sie interessiert sich nämlich für die Ausstellung „Deaf Journey“.
Im Volkskundemuseum in Wien gibt es derzeit eine Vielzahl an Ausstellungsstücken gehörloser Künstler:innen zu sehen, die sich unter dem Schirmthema Deaf Journey mit Gehörlosigkeit und Identitätsfindung auseinandersetzen.
*Alternativlink zum Video: YouTube
[Oliver Suchanek]: Hallo! Ich bin Oliver.
[Franz Steinbrecher]: Ich bin Franz.
[Oliver Suchanek]:Wir sind beide vom Verein Gebärdenverse. Wir haben hier eine Kunstausstellung organisiert.
[Oliver Suchanek]: Ich glaube, wir arbeiten schon über ein Jahr an der Organisation. Schon im Jänner haben wir besprochen, E-Mails geschickt, das Konzept geschrieben. Das war echt viel Arbeit.
Letztes Jahr beim dotdotdot Festival war ich bei einem Interview dabei, da konnte ich schon Kontakte knüpfen. Da habe ich die zuständige Person schon gefragt, ob im Volkskundemuseum Räumlichkeiten frei wären. Wir wollten im Volkskundemuseum eine Ausstellung machen. Unser Vorschlag wurde angenommen und so haben wir die Chance bekommen, die Ausstellung zu machen.
[Oliver Suchanek]: Die Ausstellung im Volkskundemuseum hat den Titel “Deaf Journey”. In unserem Team arbeiten 7 Personen mit. Es geht um das Thema Gehörlosenidentität. Gab es eine Identitätskrise? Wie sieht es mit Gebärdensprache aus? Und viele Fragen mehr… Wir möchten verschiedene Perspektiven und Erfahrungen zeigen.
[Oliver Suchanek]: Hier sieht man ein paar Eindrücke.
[Franz Steinbrecher]: Ich habe wieder selbst gemalt, so wie letztes Jahr. Aber dieses Mal habe ich an der Wand gemalt.
[GW.tv]: Da sind Tauben.
[Franz Steinbrecher]: Ja genau, Tauben. Eine Flagge. Eine Flagge. Das sieht man hier.
[GW.tv]: Gebärdende Hände und da oben ein Boot.
[Franz Steinbrecher]: Das Boot segelt ruhig dahin.
[GW.tv]: Interessant.
[Franz Steinbrecher]: Das zeigt die Welt der Gebärdensprache.
[GW.tv]: Wow, interessant. Du hast dieses Kunstwerk gemalt.
[Franz Steinbrecher]: Ja, die ganze Welt.
[GW.tv]: Was hat dich dazu inspiriert?
[Franz Steinbrecher]: Genauso wie letztes Jahr bei der Ausstellung: als Schwerhöriger bin ich zwischen zwei Welten hin- und hergerissen. Ich wollte den Fokus auf die Welt der Gebärdensprache legen. Deswegen habe ich das gemacht. Schau, der Astronaut, der da schwebt.
[GW.tv]: Okay, verstehe.
[Franz Steinbrecher]: Die hörende Welt mit den Geräuschen wollte ich ausblenden.
[GW.tv]: Okay, verstehe. Worum geht es noch auf diesem Bild?
[Franz Steinbrecher]: Ich wollte die Stille zeigen, mit dem Segelboot. Die Flagge und die Hände sind ruhig.
[GW.tv]: Hier sieht man nur ruhige Dinge und dort …
[Franz Steinbrecher]: Das zeigt die gebärdensprachliche Welt und dort sind die Geräusche.
… die Geräusche.
[GW.tv]: Das ist ähnlich wie letztes Jahr, da hast du das auch ähnlich dargestellt mit den Geräuschen.
[Franz Steinbrecher]: Ja.
[GW.tv]: Jetzt ist es wieder ähnlich.
[Franz Steinbrecher]: Ja genau, da gibt es diese zwei getrennten Welten.
[GW.tv]: Warum hast du dieses Mal auf der Wand gemalt und nicht auf einem kleineren Bild?
[Franz Steinbrecher]: Ich durfte die Wand verwenden, darum habe ich mich ausgetobt.
[GW.tv]:Okay, verstehe.
[Franz Steinbrecher]: Ich mag das, auf der großen Wand.
[GW.tv]: Das ist dein Kunstwerk. Was möchtest du damit ausdrücken?
[Cecilia Göbl]: Ja, genau. Es geht bei dem Kunstwerk um meine Identität. Bei anderen Bildern geht es mehr um Gebärdensprache und Gehörlosigkeit. Ich möchte damit zeigen, dass man als gehörlose Person diskriminiert wird. Ich lasse mich davon aber nicht unterkriegen, es macht mich nur stärker und ich möchte zeigen, was ich kann. Ich will zeigen, was Leute wirklich zu mir gesagt haben. Von diesen Aussagen habe ich 4 ausgewählt und hier in dem Bild festgehalten.
[GW.tv]: Kannst du uns ein Beispiel zeigen und erklären worum es da geht?
[Cecilia Göbl]: Ja, zum Beispiel das: Die Leute sagen oft: Das ist zu schwer für dich. Zum Beispiel, wenn ich in eine bestimmte Schule gehen will. Da wird dann gesagt, nein, die ist zu schwer für dich. Die Schule passt nicht für dich. Da wird über mich hinweg entschieden, obwohl ich mich selbst am besten kenne. Das passt einfach nicht. Ich möchte zeigen, dass ich das schaffe und auch die Matura machen kann.
[GW.tv]: An wen ist diese Botschaft gerichtet? Wem möchtest du das zeigen?
[Cecilia Göbl]:Das ist für alle. Für alle Personen, aber besonders für die hörenden Personen, weil sie oft über gehörlose Menschen entscheiden. Gehörlose Menschen wissen aber selbst am besten, was sie möchten und was sie können. Gehörlose Menschen können fast alles machen, außer hören.
[GW.tv]: In der Ausstellung gibt es 3 Kunstwerke von dir. Haben sie alle eine ähnliche Botschaft?
[Cecilia Göbl]: Nein, ganz unterschiedlich. Meistens geht es um Gebärdensprache und ich möchte das Positive zeigen, zum Beispiel, dass in der Familie gebärdet wird. Und dass Kinder gebärden und dass es für die Kinder ein großer Vorteil ist, wenn sie die Gebärdensprache können. Es werden auch besondere gehörlose Persönlichkeiten gezeigt, da gibt es auch verschiedene Bilder.
[GW.tv]: Schaut mal, was ist das? Man kann da etwas spüren. Es gibt hier ein auch Kunstwerke für taubblinde Menschen, die sie angreifen können, damit sie wissen, wie sich Kunst anfühlt. Richtig barrierefrei, wow!
[GW.tv]: Warum hast du ein Musikvideo gemacht?
[Teresa Pristanovic]: Ich wollte schon immer zeigen, dass man Musik auch fühlen kann. So bin ich auf die Idee gekommen, ein Musikvideo zu machen.
[GW.tv]: Hattest du die Idee für das Video? Hast du den Text geschrieben und dann gebärdet?
[Teresa Pristanovic]: Nein. Ein Sänger hat den Text geschrieben, ich habe den Text dann kopiert. Das war mir sehr wichtig.
[GW.tv]: Das war dir wichtig.
[Teresa Pristanovic]: Wie man Gefühle zeigen kann. Ich kann tanzen, aber wegen des Gehörs stoße ich trotzdem immer wieder auf Barrieren. Aber ich bin offen. Ich brauche die Gefühle und ich möchte sie auch zeigen. Ich zeige die fröhlichen Emotionen. Manchmal sind gehörlose Menschen auch frustriert oder traurig. Gehörlose Menschen müssen auch einen Weg finden und das Video zeigt, dass sie das auch können.
[GW.tv]: Daher hast du die Inspiration bekommen, um zur Musik zu gebärden. Mochtest du Musik schon von klein auf?
[Teresa Pristanovic]: Ja. Zur einen Hälfte wegen des Tanzens und zur anderen Hälfte wegen der Gebärden zur Musik.
[GW.tv]: Super! Wie lange brauchst du für die Umsetzung eines Textes in die Gebärdensprache?
[Teresa Pristanovic]: Dafür brauche ich ungefähr … hm … nicht so lange. Ungefähr zwei Stunden. Ich brauche den Text, damit ich die Gefühle reinbringen kann. Ohne Gefühle kann ich nicht gebärden, das geht nicht. Das brauche ich. Musik gebärden ist sehr schön für mich.
[GW.tv]: Hier sehen wir deine Kunstwerke. Kannst du uns erzählen, worum es da geht?
[Gabriel Manasch]: Das erste Bild heißt: Reise zur Identität. Das Bild zeigt den Weg, wie man am Anfang seine Identität findet, wie man auf verschiedene Kulturen trifft, dann in der Gehörlosenschule ist, man sammelt verschiedene Erfahrungen und geht seinen Weg bis man seine Identität findet. Dieser Weg braucht Zeit, Entwicklung, Alter, ja genau.
[GW.tv]: Super.
[Gabriel Manasch]: Das zeigt das Bild. Das Originalbild war auf Papier, aber diese Kunsttechnik ist digital. Zuerst war das Bild auf verschiedenem Papier, das war ein ganzer Stapel Papier. Durch die Tiefe und die verschiedenen Ebenen wird es klarer, man erkennt es besser. Das sieht man hier. Ähnlich wie bei diesem Bild. Ja, das ist allerdings ein anderes Material, nämlich Holz. Da wird das Holz aufgestapelt, so wie beim Papier. Ja genau.
[GW.tv]: Okay, verstehe. Es gibt drei Bilder von dir in der Ausstellung. Haben die Bilder einen Zusammenhang?
[Gabriel Manasch]: Ja, das Hauptthema ist Identität.Es braucht vier Säulen für das Leben. Es geht um die Identität. Momentan sind drei Bilder von mir zu sehen, das vierte Bild aus Zeitgründen noch nicht.
[GW.tv]: Du hast insgesamt drei Bilder ausgestellt. Wie lange brauchst du von der Idee bis zur Umsetzung eines Bildes?
[Gabriel Manasch]: Am Anfang dieses Prozesses steht die Idee. Eine Idee zu finden geht ganz schnell. Aber dann beginnen die schwierigen Entscheidungen: Wie mache ich weiter? Welches Material verwende ich?
Da muss ich verschiedene Möglichkeiten überlegen: Plan A, Plan B, Plan C. Plan A: Ich verwende Papier. Plan B: Ich nehme Digitaldruck. Am Ende muss ich mich für den Druck entscheiden.
[GW.tv]: Wie lange dauert das ungefähr?
[Gabriel Manasch]: 3 Monate.
[GW.tv]: 3 Monate. Das ist sehr lang. Jetzt sind deine Kunstwerke da in der Ausstellung. Wie fühlt sich das an?
[Gabriel Manasch]: Ich arbeite Vollzeit und ich bin frisch gebackener Vater, da ist es mit der Zeit knapp.
[GW.tv]: Wie fühlt sich das an, dass deine Kunstwerke hier ausgestellt werden?
[Gabriel Manasch]: Es ist interessant für mich, ein neues Gefühl, dass die Leute kommen und sich meine Kunstwerke anschauen und ich es ihnen erkläre. Für gehörlose Menschen ist das Bild klar. Die Bilder sind aber auch für hörende Menschen und da muss ich viel erklären. Gehörlose Menschen verstehen das schnell, weil die meisten von ihnen mit ähnlichen Problemen konfrontiert sind. Hörende Menschen kennen die Situation nicht, deswegen muss ich da viel erklären. Das ist neu, das schaut man sich genau an. Es ist wichtig, dass die Botschaft verstanden wird. Dann werden sich mehr Leute dafür interessieren.
[GW.tv]: Toll! Vielen Dank!
[Gabriel Manasch]: Gern.
Dieser Beitrag wurde ursprünglich während der 2024 Aktionswoche am 26. September veröffentlicht.