Bei einem Ausflug nach Slowenien ging es spaßig zu. Internationale gehörlose Comedians gaben ihr Programm zum Besten.
*Alternativlink zum Video: YouTube
[GW.tv]: Hallo! Wir sind heute in Slowenien, im Ort Koper. Wir sind da, weil hier drei verschiedenen Comedians auftreten. Zwei Kabarettisten kommen aus England und einer aus Schweden. Alle drei gebärden International Sign. Ich bin schon neugierig! Vielleicht werde ich einen Lachkrampf bekommen.
[Florian Tirnovan]: Hallo! Mein Name ist Florian und ich bin aus Schweden.
[Gavin Lilley]: Ich bin Gavin und aus England. Warum sagst du nur deinen Namen und woher du kommst? Warum erzählst du nicht ein bisschen mehr über dich?
[Florian Tirnovan]: Was soll ich noch sagen? Ich bin auch schön!
[David Sands]: Ich bin David und bin von der Erde.
[GW.tv]: Arbeitet ihr Vollzeit als Comedians oder habt ihr auch eine andere Arbeit?
[Florian Tirnovan]: Ich arbeite selbstständig in meiner Firma und es gibt verschiedene Aufgaben, z.B. Performance, Script schreiben, usw.
[Gavin Lilley]: Ich arbeite als Stand-Up-Comedian. Ich bin auch Gebärdensprach-Lehrer für die Dolmetscher:innen. Ich bin auch als Übersetzer tätig, auch in TV-Shows. Ich arbeite gerne in verschiedenen Bereichen. Immer das gleiche zu machen, mag ich nicht.
[David Sands]: Am meisten arbeite ich am Theater. Vor kurzem, vor einem Jahr, habe ich mit der Stand-Up-Comedy begonnen. Theater mache ich schon lang, aber Stand-Up-Comedy erst seit kurzem. Und andere Bereiche auch, z.B. TV und Drehbuch schreiben.
[GW.tv]: Wie seid ihr auf die Idee gekommen, Stand-Up-Comedy zu machen?
[Florian Tirnovan]: Du machst das schon länger, deswegen beginnst du.
[Gavin Lilley]: Okay, ich bin der Älteste und muss als Erster antworten. Okay, danke! Als ich klein war, habe ich gern im TV gesehen, wie die Hörenden sprechen. Ihr auch? Auch Untertitel lesen mochte ich. Eine Eigenheit von mir war, dass ich gern in der Schule Witze über andere machte. Viele Lehrer:innen
haben mit mir geschimpft. Ich war immer so. Das hatte ich immer schon in mir drinnen. Damals dachte ich, dass es unmöglich wäre, als Gehörloser Stand-Up-Comedy zu machen. Ich dachte, dass es nur etwas für die hörenden Menschen ist! Meine Familie ist gehörlos und es ist schon positiv. Aber ich dachte immer, dass es unmöglich wäre für Gehörlose auf der Bühne zu stehen und Stand-Up-Comedy zu machen. Dann habe ich einige Gehörlose gesehen, die so etwas gemacht haben und es auch gut konnten. Also habe ich auch damit begonnen und jetzt bin ich hier. Du bist der Zweitälteste.
[Florian Tirnovan]: Gavin hat gerne TV geschaut, aber ich habe das nie gemacht. Aber ich mache gerne Videos. FlowTv ist bekannt. Da erzähle ich Witze und lustige Geschichten. Viele Leute haben mir gesagt, dass ich Stand-Up-Comedy machen soll. Dann habe ich es probiert und ich mag es.
[Gavin Lilley]: Und das wars? Ich habe so lang erzählt. Und du nur kurz?
[Florian Tirnovan]: Das ist halt verschieden.
[Gavin Lilley]: Erzähle ruhig mehr!
[Florian Tirnovan]: Mein Leben ist langweilig.
[David Sands]: Ich arbeite schon länger am Theater. Es waren öfter auch lustige Stücke dabei und den Leuten hat meine Comedy gefallen. Ich denke, dass Stand-Up-Comedy ein bisschen ähnlich ist. So wie Gavin habe ich mir gern Comedy von Hörenden angeschaut. Ich habe eine Stand-Up-Comedy ohne Dolmetscher:innen geplant. Ohne Dolmetscher:in, nur mit Gesten, hat es gut geklappt. Die Hörenden haben viel gelacht. Dann habe ich es auch für gehörloses und hörendes Publikum versucht. Die Stand-Up-Comedy war für die Hörenden nur kurz, und für die Gehörlosen länger. Ich bin zum ersten Mal hier bei einer internationalen Stand-Up-Comedy dabei.
[GW.tv]: Ihr steht auf der Bühne und gebärdet. Wie könnt ihr das Publikum zum Lachen bringen?
[Florian Tirnovan]: Wie bringen wir sie zum Lachen? Es ist wichtig, dass das Publikum kommt und lachen will. Dann ist es leicht. Es gibt aber auch Leute, die nur kommen und skeptisch sind. Dann ist es schwer für mich, das Publikum zum Lachen zu bringen. Es ist wichtig, dass sie lachen.
[David Sands]: Da gibt es vieles. Zum Beispiel muss man selbst viel trainieren. Dann schaut man, ob es passt und redet auch mit Freunden und Familie darüber. Das Publikum macht verschiedene Erfahrungen. Die eine Hälfte lacht nicht und ich versuche es weiter, aber es klappt nicht. Die andere Hälfte lacht. Die Leute sind so unterschiedlich. Man darf aber nicht aufgeben. Ich muss den Mut haben und weiter dazulernen.
[Florian Tirnovan]: Ja, das ist hart. Wir Stand-Up-Comedians wissen nicht, ob die Leute lachen werden oder nicht. Wir müssen es probieren. Wenn die Zuschauer:innen nicht reagieren, dann tut mein Herz weh und ich weine zu Hause. Am nächsten Tag mache ich wieder Stand-Up-Comedy. Das Weinen wird weniger und das Lachen mehr.
[Gavin Lilley]: Ja genau. Der einzige Weg, um neue Ideen zu bekommen, ist auf der Bühne zu sein. Manchmal ist es unmöglich, es mit Familie oder Freunden zusammen auszuprobieren. Ist es gut?
[Florian Tirnovan]: Ja ja, super, einfach toll!
[Gavin Lilley]: Auf der Bühne ist es dann aber immer anders.
[Florian Tirnovan]: Die Freunde sagen immer: super, super. Das Ergebnis ist dann aber immer schlecht. Besser immer ehrlich die Meinung sagen.
[Gavin Lilley]: Kleine Gruppen, z.B. 3-5 Leute, können immer lachen. Bei einem großen Publikum ist das anders.
[David Sands]: Ich bin ganz neu in dem Bereich und soll mich für die Zukunft darauf einstellen, dass ich immer weinen werde, oder?
[Gavin und Florian]: Hast du bisher noch nie geweint?
[David Sands]: Ich weine schon, aber wird es immer mehr?
[Florian Tirnovan]: Ja, so läuft das. Wenn du nicht weinst, werde ich dich schlagen. Dann weinst du, okay? Okay.
[GW.tv]: Ihr seid gehörlos und das Publikum ist hörend. Ihr macht Witze. Und ihr wisst, dass die Witze bei Hörenden und Gehörlosen komplett anders sind. Wie habt ihr es geschafft, das hörende Publikum zum Lachen bringen?
[Florian Tirnovan]: Ich trete vor gehörlosem und hörendem Publikum auf. Ich habe früher die gleichen Witze für gehörlose und für hörende Menschen gemacht. Das hat leider nicht geklappt. Ich performe für hörendes und gehörloses Publikum, aber ich erzähle verschiedene Geschichten. Es sind zwei verschiedene Geschichten.
[Gavin Lilley]: Ich mache jetzt immer mehr Stand-Up-Comedy für hörendes Publikum. Vor gehörlosem Publikum bin ich schon lange Zeit aufgetreten. Ich möchte aber neue Dinge ausprobieren. Vor Hörenden aufzutreten ist schon eine Herausforderung. Ich habe das Glück, dass ich einen bekannten hörenden Comedian aus England kenne. Wir sind in Kontakt und er unterstützt mich. Er gibt mir viele Tipps und ich lerne viel von ihm. Florian hat komplett andere Geschichten für hörendes und gehörloses Publikum. Bei mir vermischt sich das. Wenn ich vor gehörlosem Publikum gebärde, dann sind es sowieso Geschichten für gehörlose Menschen. Wenn ich vor Hörenden auftrete, dann vermischt sich das ein bisschen. Die Themen sind z.B. Familie, Kinder, Beziehung, Arbeit und ein dicker Bauch. Und auch noch andere Themen, mit denen beide, also gehörlose und hörende Personen, im Alltag zu tun haben. So ist meine Art Comedy zu machen.
[David Sands]: Ich mache das nicht so, dass ich einen Witz in BSL gebärde und der:die Dolmetscher:in spricht für mich. Meistens trete ich ohne Dolmetscher:in auf und das Publikum ist hörend. Ich verwende mehr Gesten. Das heißt, dass es mit Gebärden oder ohne Gebärden wieder ganz anders ist. Die Idee ist, mit Hörenden – ups, das ist die falsche Gebärde – zusammenzuarbeiten. Ich möchte zeigen, dass ich gehörlos bin und was ich mache. Bei gehörlosen Zuschauer:in weiß ich schon Bescheid und ich kann lustige Witze für Gehörlose erzählen. Beide sind völlig anders.
[Gavin Lilley]: Zum Thema Dolmetscher:innen möchte ich noch etwas ergänzen. Ich habe eine:n Dolmetscher:in, meine:n Stammdolmetscher:in. Ich kann nicht so einfach eine:n andere:n Dolmetscher:in nehmen. Ich gebärde und es wird falsch gedolmetscht, das ist unmöglich für mich. Bei der Stand-Up-Comedy können Dolmetscher:in nicht einfach übersetzen, sie haben hier eine andere Rolle. Sie sind halb Dolmetscher:in und halb Comedians. Wir müssen uns aneinander anpassen. Dann weiß die:der Dolmetscher:in wie er:sie es machen muss, es ist ein Zusammenspiel. Der:die Dolmetscher:in gehört auch zum Team. Das ist eine große Herausforderung für Hörende. Ich will etwas machen, aber ich muss immer die:den Dolmetscher:in fragen, ob er:sie kann oder nicht. Ob ich kommen kann, hängt immer davon ab, ob die:der Dolmetscher:in Zeit hat. Ich möchte, dass es viele Dolmetscher:innen zur Auswahl gibt, wo man sich dann entscheiden kann, wen man nimmt. Das ist wirklich herausfordernd.
[Florian Tirnovan]: Danke an die Hörenden. Wir haben keine Ahnung und die Hörenden helfen uns. Auch beim Essen füttern, abwischen, etc. Ich fühle mich schlecht, weil du immer so viel erzählst. Ich antworte immer nur mit Ja und Nein.
[Gavin Lilley]: In Schweden ist das so.
[GW.tv]: Letzte Frage: Ihr seid bekannt. Ich kenne dich durch die BSL Zone. Ihr beide seid bekannt auch durch die Sozialen Medien (Instagram), wo ihr lustige Videos postet. Was ist der Unterschied zwischen Auftritten auf der Bühne und in Sozialen Medien?
[Florian Tirnovan]: Die Leute in den Sozialen Medien können mich gern haben, besonders die auf Instagram. Ich habe 4 Stunden an einem Video gearbeitet. Und das wird dann mit “langweilig” kommentiert. Dann schaue ich, wer das geschrieben hat und verfolge diese Person ein bisschen. Auf ihrem Profil ist das Bild von einer niedlichen Katze. So, du Angsthase. Ich will, dass nach dem Auftritt auf der Bühne jemand zu mir kommt und mir ins Gesicht sagt, dass es langweilig war. Bis jetzt ist das nicht passiert. In den Kommentaren in den Sozialen Medien kann man leicht kritisieren.
[Gavin Lilley]: Du bist ein Troll.
[Florian Tirnovan]: Ja, so sehe ich das.
[Gavin Lilley]: Aber was ist der Unterschied?
[Florian Tirnovan]: Ja gut, ich habe nur das Negative gesagt, jetzt komme ich zum Positiven. Der Unterschied ist, dass ich das Video und meine Mimik immer wieder ändern kann. Auf der Bühne ist das unmöglich, das ist live. Wenn ich einen Fehler mache, kann ich ihn nicht rückgängig machen. Das ist unmöglich. Aber ich kann etwas machen, dazu muss man kreativ sein. Wenn ich einen Fehler mache, dann muss ich es irgendwie lustig machen. Wichtig ist das Improvisieren.
[Gavin Lilley]: Auch die Zusammenarbeit mit dem Publikum ist wichtig. Wenn man nicht live arbeitet, sondern z.B. nur ein Video postet, ist das natürlich anders. Naja, liken und kommentieren ist da möglich.
[Florian Tirnovan]: Da kommt dann ein Mittelfinger-Emoji, ein Katzen-GIF oder ein GIF mit einer bewegten Blume. Ich habe auch gedacht, es ist besser, mit Social Media aufzuhören. Jetzt bin ich glücklicher. Es ist schon sehr großer Druck da, wer mehr Likes hat oder man bekommt negative Kommentare. Ich bekomme auch viele negative DMs, also Nachrichten, sogar Morddrohungen können dabei sein. Wenn jemand meinen Witz nicht versteht, kann das schnell chaotisch werden. In diesem Sinne ist mein Leben ohne Social Media besser.
[Gavin Lilley]: Ich mag es sehr, auf der Bühne aufzutreten. Es ist gut, die Leute physisch da zu haben und das Lachen auf den Gesichtern zu sehen. Die Videos in den Sozialen Medien zu posten, interessiert mich nicht. In der echten Welt kann man sich gut vernetzen. Viele sagen halt, sie kennen mich nicht. Die Leute sind dann manchmal überrascht, dass ich Stand-Up-Comedy mit Gebärdensprache mache. Dann kommt meist, dass ich nicht bekannt bin und lieber etwas auf Social Media posten soll. Ich fühle mich da fast ein bisschen gezwungen. Ja, Soziale Medien dienen schon auch der Werbung. Man sieht mich ja eh durch Gavin. Vielleicht bekomme ich so mehr Arbeit. Aber mein Herz schlägt für die Bühne! Videos auf Social Media finde ich eh okay.
[Florian Tirnovan]: Das unterscheidet uns. Ich habe zuerst Comedy auf Social Media gemacht. Du machst es umgekehrt. Und er? Ich weiß nicht.
[David Sands]: Ich mache mehr im Theater, z.B. mit Make-Up und Kostümen. In einem Film war ich auch als Schauspieler zu sehen.
[Florian Tirnovan]: Ja, der ist spitze! Ich habe ihn schon gesehen.
[David Sands]: Theater und Stand-Up-Comedy sind schon unterschiedlich! Aber Theater ist schon auch toll und die Kombination möchte ich auch ausprobieren.
Dieser Beitrag wurde ursprünglich während der 2024 Aktionswoche am 22. Sep. 2024 veröffentlicht.