Vor genau 20 Jahren wurde die ÖGS offiziell in die Verfassung aufgenommen. Heute blicken wir auf diesen wichtigen Meilenstein zurück und erzählen, warum dieser Schritt so bedeutend war und wie er zustande gekommen ist.
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Hallo! Was mache ich hier vor dem Parlament? Heute ist der 1. September. Vor genau 20 Jahren wurde hinter mir die Österreichische Gebärdensprache offiziell anerkannt! Diese Anerkennung war ein großer Meilenstein in der Gehörlosen-Geschichte — auch wenn es seitdem keine weiteren gesetzlichen Änderungen gegeben hat. Wir wollen diesen großen Fortschritt heute feiern und erzählen jetzt, wie es damals zustande gekommen ist.
Alles begann mit dem Österreichischen Gehörlosenbund (ÖGLB), der sich seit Anfang der 1990er Jahre aktiv für die Anerkennung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) eingesetzt hat. Die entscheidende Phase hat jedoch erst 2002 begonnen, als der ÖGLB eine Bürger:innen-Initiative im Parlament eingereicht hat. Das Thema wurde erst 2004 politisch wieder aufgegriffen. Im Juli desselben Jahres haben im Parlament viele Expert:innen für die Anerkennung von ÖGS argumentiert. Darunter waren Helene Jarmer vom ÖGLB, Florian Gravogl vom WITAF, Professor:innen und Vertreter:innen von mehreren Vereinen, die sich dafür aussprachen. Das Ziel war klar: gehörlose Menschen sollten das Recht auf Verwendung der ÖGS erhalten, und ÖGS sollte anerkannt werden. Die Herausforderung war die Frage: Soll die Anerkennung in einem einfachen Gesetz oder in der Bundesverfassung verankert werden?
Der Nationalrat befasste sich im Herbst 2004 gleich dreimal mit dem Thema. Die ÖGS wurde aus dem Entwurf des umstrittenen Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG) wieder herausgenommen. Der Verfassungsdienst schlug stattdessen die Verankerung der ÖGS in der Bundesverfassung vor. Auch der damalige Bundespräsident Heinz Fischer unterstützte das Vorhaben ausdrücklich. Am 6. Juli 2005 war es endlich so weit: Das Parlament beschloss die verfassungsrechtliche Anerkennung der ÖGS einstimmig. Mit 1. September 2005 trat die Verfassungsänderung in Kraft, deswegen feiern wir die Anerkennung heute. Am selben Tag wurde auch das BGStG beschlossen. Beide Gesetze stellten zwar einen Fortschritt dar, blieben aber hinter den Erwartungen zurück und reichten nicht aus, um wahre Inklusion umfassend sicherzustellen.
Was ist seitdem passiert? Die verfassungsrechtliche Anerkennung war nur ein erster Schritt. Auf gesetzlicher Ebene hat sich seither wenig verändert. In der Praxis wurden wichtige Verbesserungen erreicht: mehr ÖGS im öffentlichen Raum, ein deutlicher Ausbau der ÖGS-Dolmetschung im ORF, die Einführung des Relay-Service sowie – ganz aktuell – der ÖGS-Lehrplan. All diese Entwicklungen wären ohne die Verankerung von ÖGS in der Verfassung wohl nur schwer durchsetzbar gewesen.
Vielen Dank an den ÖGLB für die Bilder und die Unterstützung bei der Recherche!
Sonstige Quellen:
Österreichische Gehörlose Zeitung (Ausgaben 3/2004, 4/2004, 3/2005, 4/2005)
