Gleichzeitig zum UNO-Menschenrechtsbericht hat die NGO Amnesty International ihren eigenen Bericht zum Thema Menschenrechte in Österreich. Fazit: Österreich steht im internationalen Vergleich gut da, aber es gibt große Unterschiede zwischen den nationalen Menschengruppen. Anders gesagt, die universale Menschenrechte gelten nicht für alle Menschen in Österreich gleich. Wir haben mit Shoura Zehetner-Halemi darüber gesprochen.
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Transkript:
GW.tv: Wir sind hier heute bei der Vorstellung von einem Menschenrechtsbericht. Aber Amnesty International hat auch Ihren eigenen Bericht vorgestellt. Können Sie kurz sagen, was die zentralen Punkte waren?
Shoura Zehetner-Halemi: Ja, wir haben heute auch unseren sogenannten Schattenbericht vorgestellt, wo wir uns die Menschenrechtsthemen in Österreich anschauen. Wir haben uns dieses Mal angeschaut, vulnerable Gruppen, insbesondere Migrantinnen und Migranten, Asylsuchende und Frauen. Das waren die Themen, die wir uns angeschaut haben. Die Gruppen, vor allem, wo wir das Gefühl haben, da gibt es menschenrechtliche Defizite, da gibt es Probleme, die noch nicht genug beachtet werden. Natürlich immer mit dem Grundsatz der Intersektionalität im Hintergrund.
GW.tv: Was bedeutet Intersektionalität? Wie ist das zu verstehen?
Zehetner-Halemi: Wir verstehen das so, dass Menschen von mehrfacher Diskriminierung betroffen sein können. Also Frauen können von Diskriminierung betroffen sein, aus Gründen der Geschlechtsidentität, aber auch, weil sie zum Beispiel behindert sind, weil sie gehörlos sind, usw. Und wenn man sich menschenrechtliche Defizite anschaut, muss man immer das Ganzheitliche mitbedenken.
GW.tv: Braucht man da einen besonderen Schutz? Oder fordert Amnesty dann besondere Maßnahmen, um zum Beispiel gehörlose Asylanten zu beschützen?
Zehetner-Halemi: Also das Thema Inklusion ist bei uns natürlich auch ein großes Thema, das Thema der Barrierefreiheit, das wir auch immer wieder thematisieren. Wir schauen uns auch die UN-Behindertenrechtskonvention an und die Umsetzung, natürlich, der Forderungen in Österreich, die ja aktuell leider nicht so gut aussehen. In dem Fall haben wir uns vor allem aber, wie gesagt Migration, Asyl und das Thema der Frauenrechte angesehen.
GW.tv: Amnesty ist eine internationale Gruppe. Sie haben gerade den Bericht für Österreich gemacht. Wie sieht Österreich im internationalen Vergleich aus?
Zehetner-Halemi: Also im internationalen Vergleich sieht Österreich sicher nach wie vor sehr gut aus. Wir sind ein Land, das die Menschenrechte achtet. Ich finde, ein Problem ist in Österreich das Prinzip der Universalität der Menschenrechte, also die Idee, dass wirklich alle Menschenrechte allen Bevölkerungsgruppen, allen Personengruppen gleichermaßen zustehen. Da werden tatsächlich oft Unterschiede gemacht, auch in der österreichischen Innenpolitik, die immer wieder mal ein bisschen populistisch ist. Und gleichzeitig darf man, glaube ich, eben nicht immer nur den internationalen Vergleich hernehmen, sondern muss natürlich auch quasi im eigenen Land genau schauen, um glaubwürdig zu bleiben.
GW.tv: Genau, haben Sie in dem nationalen Vergleich den Eindruck, dass es Fortschritte gibt in Österreich. Also, sind wir auf einem guten Weg oder jetzt in Zeiten von Sparmaßnahmen, geht es vielleicht etwas zurück?
Zehetner-Halemi: Es geht leider aktuell sicher etwas zurück. Das eine sind natürlich, die Budgetzwänge, die dazu führen, dass vieles nicht umgesetzt wird oder langsamer umgesetzt wird. Das andere ist, glaube ich, diese Meta-Ebene, würde ich sagen, wo aktuell auch von Seiten der Politik zum Beispiel die Europäische Menschenrechtskonvention immer wieder in Frage gestellt wird oder die Genfer Flüchtlingskonvention in Frage gestellt wird, also wo ein gewisses Bewusstsein auch leider geschaffen wird, dafür, dass Menschenrechte nicht allgemeingültig sein sollen, dass sie überarbeitet gehören. Das ist aus unserer Sicht immer ein bisschen gefährlich, weil es Menschenrechte verwässern könnte.