Während sie eine Wiese überqueren, läuft plötzlich ein Hund an ihnen vorbei. Kurz danach sehen und hören sie auch den Hundebesitzer, der nach dem Hund pfeift und ruft: „Komm her! Platz! Bei Fuß!“ „Können Hunde eigentlich Gebärdensprache verstehen?“, fragt Julia. „Mein Großvater ist auch gehörlos. Er hat einen Hund, der die Befehle in Gebärdensprache versteht und befolgt. Wenn der Hund weit weg ist, ruft ihn mein Opa mit einer Hundepfeife“, erzählt Thomas. „Seid mal still“, sagt Lena, „hört ihr, wie die Wiese klingt? Die Grillen zirpen, die Bienen summen, der Wind streicht über die Gräser und von dort hinten hört man die Vögel zwitschern und einen Specht klopfen. Mir fällt das heute zum ersten Mal so richtig auf.“ „Ich kann die Welt leider nicht hören“, sagt Lisa und nach einer kleinen Pause fragt sie: Wie klingt die Welt? Wie klingen die Sterne, die Sonne und der Mond und wie klingt der Schnee? Was heißt, das Meer rauscht oder der Kochtopf brodelt?“ „Die Meereswellen und das kochende Wasser rauschen und zischen sehr laut. Sonne, Mond und Sterne geben kein Geräusch von sich, sie klingen durch ihr Funkeln und Strahlen. Und wenn der Schnee etwas sagt, knirscht er“, lacht Martin, „aber ehrlich gesagt, schluckt er eher Geräusche und macht die Welt leiser.“ Da muss Lisa lächeln. “Das ist sehr schön. Ich liebe den Schnee.“
Die Kinder kommen an einem Platz vorbei, auf dem ein Fest gefeiert wird. Julia sieht Lisa traurig an und sagt: „Schade, dass du Musik nicht hören kannst.“ Lisa lacht: „Aber klar kann ich Musik hören. Ich liebe Musik!“ Sie nimmt von der Dekoration einen Luftballon herunter. Sie hält ihn mit beiden Händen fest, lächelt und beginnt auf der Tanzfläche zu tanzen. Die Kinder sehen sich verwundert an, bis Thomas jedem von ihnen ein Luftballon in die Hand drückt. Es ist unglaublich: Durch den Luftballon spüren sie auf ihren Handflächen den klopfenden Rhythmus der Musik und die hellen Töne kitzeln sogar! Bald tanzen sie alle mit einem Luftballon in der Hand. Die Erwachsenen sehen ihnen erstaunt zu.
Wir sprechen mit den Händen
Franz-Joseph Huainigg
Illustrationen: Verena Ballhaus
Copyright (C) 2005 by Annette Betz Verlag
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Verlag Carl Ueberreuter, Wien – München
ISBN 3-219-11218-8