„Wie, was? Man kann mit den Händen sprechen? Ist das eine Geheimsprache?“ stottert der Junge. Thomas übersetzt für Lisa, was er gefragt hat. „Geheimsprache? Ja, das ist sie beinahe wirklich, denn nur wenige verstehen sie. Man nennt die Sprache Gebärdensprache“, lacht Lisa glücklich. Endlich kann sie mit den anderen reden. „Ich heiße Lisa“, stellt sie sich vor.
Die anderen Kinder kommen neugierig näher. Sie beobachten, wie Lisa mit den Händen spricht, raten, was die Gebärden bedeuten könnten, und hören Thomas zu, der alles mit seiner Stimme wiederholt.
„Namen werden durch eigene Fingerzeichen buchstabiert“, erklärt Lisa. „Für Freunde erfindet man eigene Namen in Gebärdensprache“, sagt sie, „das Handzeichen erklärt etwas, das an der Person auffällt. Mein Name, Lisa, ist in Gebärdensprache ein Kreis, da ich oft mit Fahrrad unterwegs bin.“ Thomas schreibt mit seinen Händen zwei Halbkreise in die Luft: „Das ist die Gebärde für Thomas. Ein Popo, da ich sehr faul bin und gerne herumsitze.“
Das finden die Kinder lustig. Rasch bekommt jedes Kind seinen Namen in Gebärdensprache: Die abstehenden Ohren für Max, die O-Beine von Martin und der lange Zopf von Julia werden zu ganz persönlichen Namensgebärden.
Martin wird nachdenklich: „Warum könnt ihr eigentlich Gebärdensprache?“ „Ich kann schon seit meiner Geburt nicht hören“, erklärt Lisa, „und wenn man seine eigene Stimme nicht hört, ist es sehr schwierig, mit ihr zu sprechen.“ „Klar, wenn man mit den Händen spricht, muss man nicht hören können, aber Thomas kann doch hören. Woher kannst du die Gebärdensprache?“, wundert sich Lena.
Wir sprechen mit den Händen
Franz-Joseph Huainigg
Illustrationen: Verena Ballhaus
Copyright (C) 2005 by Annette Betz Verlag
www.annettebetz.com
Verlag Carl Ueberreuter, Wien – München
ISBN 3-219-11218-8