So geschah es und zwei Wochen später kam ein Bote aus dem Süden des Landes und berichtet, die Frau und ihren Sohn gefunden zu haben. Auch wären die beiden sofort bereit gewesen, das Königspaar und Franziska aufzusuchen, die Kutsche sei unterwegs und es könne nur ein paar Tage dauern, bis die beiden zu Hofe wären. Die Neuigkeit verbreitet sich wie ein Lauffeuer, der König war aufgeregt wie nie und wollte Franziska sofort benachrichtigen – aber wie sollte sie ihn verstehen? In dieser Stunde fasste der König den Entschluss, dass er seiner Tochter, sollte sie ihn jemals wirklich verstehen, den ersten geäußerten Wunsch erfüllen würde, was immer sie begehren möge.
Auf Befehl der Königin begann man am Hofe die Stunden zu zählen, bis die weise Frau und ihr Sohn eintreffen würden. Alle standen Kopf, die Fächer der Hofdamen ruhten keine Minute still, Leibarzt der königlichen Familie und die Minister liefen auf und ab und der Bischof vermutete, dass der Teufel im Spiel sei. Die Zeit schien still zu stehen, alle waren unruhig und inmitten der Aufregung war die Prinzessin in ihrem Turmzimmer mit den Vögeln beschäftigt und wusste von alledem nichts.
Es vergingen einhundertundeine Stunde und genau bei Anbruch der einhundertundzweiten Stunden ertönten die Fanfaren aus dem Aussichtsturm des Schlosses und kündigten damit die Ankunft der ersehnten Leute an. Alle liefen zusammen und drängten sich an den Fenstern des Schlosses. Jeder wollte die beiden zuerst sehen. Sämtliche Adelige vergaßen ihre noble Herkunft, standen auf den Balkonen, winkten mit blütenweißen Taschentüchern und stiegen in Windseile auf die Türme, um die Ankommenden besser sehen zu können.
Warum die Taube „Taube“ heißt
Herausgeber: Österreichischer Gehörlosenbund (ÖGLB), 1100 Wien
www.oeglb.at
Text: Norbert Pauser
Illustrationen: Mag.a Persida Popovitsch-Hon
Grafik: Christoph Letmaier
Druck: Manz Crossmedia GmbH & Co KG, Wien
ISBN 3-200-00375-8