(Lieber Brani, wir freuen uns sehr, dass wir ein Interview mit Dir machen dürfen und haben uns ein paar Fragen überlegt.)
- Du nennst Dich Brani Zunami. Wie kam es zu diesem Namen?
„Ich habe einen Freund von mir getroffen, er heißt Kid Pex und ist auch Sänger. Wir haben uns dort getroffen, viel getrunken. Er sagte: ich habe einen lustigen Namen für Dich: Brani Zunami. Alle haben darüber gelacht und ja, der Name gefällt mir und alle können sich den Namen leicht merken. Seitdem habe ich diesen Namen.“
- Wo bist Du geboren und aufgewachsen?
„In Serbien. Ich bin dort geboren. Bis ich acht Jahre alt war, habe ich in Serbien gewohnt. Zwei Jahre bin ich dort auch in die Schule gegangen. Dann bin ich mit meiner Mama nach Wien umgezogen. Das war so: mein Stiefvater ist aus Österreich. Er ist damals nach Serbien gekommen. Meine Mama und er haben sich in Serbien kennengelernt und ineinander verliebt. Seitdem wohnen wir in Österreich.“
- Du bist ein sogenanntes Coda. Wie kommuniziert ihr in der Familie?
„Zuhause kommunizieren wir in Gebärdensprache, seit ich fünf Jahre alt bin. Meine Mutter hat mir die serbische Gebärdensprache beigebracht. In Wien habe ich dann von meinem Stiefvater, der auch gehörlos ist, die österreichische Gebärdensprache gelernt. Ich lerne immer wieder neue Gebärden dazu. Meine Mutter sagt, ich sauge die Gebärden förmlich auf, wie ein Schwamm. Wenn ich Gebärden einmal sehe, dann merke ich sie mir sofort. Klar, das ist meine Muttersprache.“
(Wir kennen Dich vor allem aus Deinen Musikvideos. Du übersetzt auch einige bekannte Lieder in Gebärdensprache und produzierst Videos… )
- Warum hast Du Dich dazu entschlossen Videos in Gebärdensprache zu produzieren?
„Früher habe ich immer Jugoslawisch gesungen, in Klubs, überall in Wien war ich als jugoslawischer Sänger bekannt. 2008 ist meine Oma gestorben und da starb meine Stimme mit. Ich kann mich erinnern, als ich 16, 17 Jahre alt war, habe ich immer für meine Mama neue jugoslawische Lieder in die Gebärdensprache übersetzt. Ich habe das immer sehr gerne gemacht, Lieder in Gebärdensprache zu übersetzen. 2008 habe ich aufgehört zu singen. Ich habe mir dann aber gedacht, ich muss wieder Musik machen. Musik ist mein Leben. Ich habe nachgedacht und dann hatte ich die Idee Musik in Gebärdensprache zu machen.
Gebärdensprache ist die schönste Sprache der Welt! Ich bin zuhause vor dem Spiegel gestanden und habe meine Gebärden beobachtet. Bis zum Jahr 2010 habe ich geübt und geübt. Meine Frau hat mich beobachtet und ohne mein Wissen eine Bewerbung für „Die große Chance“ abgeschickt. Ich war sehr überrascht, dass ich zu einem Casting beim ORF eingeladen wurde, dort habe ich das Lied „Monster“ von Culcha Candela gebärdet. Alle waren so erstaunt und begeistert von meinem Auftritt. Dann ging es weiter. Zuerst die „Große Chance“, dann zwei Mal das „Supertalent“ in Deutschland. 2013 haben, glaube ich 4000 Leute applaudiert und waren begeistert von meinem Auftritt. 2014 hatte ich einen großen Streit mit Dieter Bohlen. Er hat gesagt, dass ich mein Aussehen und meine Kleidung verändern muss. Er hat gesagt, ich soll Gebärdensprache und Musik getrennt voneinander weiterentwickeln.
Mit der Zeit wurde es immer besser, ich habe viel dazu gelernt. Früher hatte ich keine Ahnung von Videos und Musikaufnahmen. Das haben immer andere Leute für mich gemacht.“
- Seit wann machst Du Musik?
„Seit ich 15 Jahre alt war. Zuerst habe ich geschrieben und gesungen und mit 18 Jahren hatte ich meinen ersten Auftritt im Prater. Ich war in der Vorgruppe und habe mit einem Mann gemeinsam gesungen, drei Tänzer waren hinter uns. Die amerikanische Band hat das Lied „I like to move it“ gesungen. Alle Leute waren begeistert von dem Auftritt. Dann sind wir aufgetreten und das Publikum war begeistert. 1998 wollte uns eine Plattenfirma für drei Jahre unter Vertrag nehmen. Das habe ich aber abgelehnt. Weil die Bedingung war, dass ein Mitglied unserer Band gehen musste. Damit war ich nicht einverstanden. Ich bin dann als Sänger herumgereist. Ich habe Gitarre spielen gelernt und habe Schlagzeug gespielt. Nach einiger Zeit hatte ich genug davon, ich wollte nicht mehr Gitarre spielen. Jetzt spiele ich nur mehr Schlagzeug, Cajón, Bongos und Congas.“
- Hast Du eine „Lieblingsgebärde“? Zum Beispiel eine Zeile aus einem bestimmten Lied?
„Verschiedene. Mir gefällt, dass man mit der Gebärdensprache viele Gefühle zeigen kann. Das ist sehr schön. Wenn ich übe, dann ist das Licht abgedreht, es ist ganz dunkel und ich brauche jetzt auch keinen Spiegel mehr. Es ist ganz dunkel und ich stehe alleine mit Kopfhörern da und höre Musik. Dann übersetze ich das Lied in Gebärdensprache. Dabei sind sehr viele Gefühle im Spiel und ich höre immer auf mein Herz.
Viele Emotionen kommen raus, wenn ich alleine im Dunkeln stehe und die Musik übersetze. Die Gefühle und Emotionen sind sehr stark. Manchmal muss ich weinen, vor allem bei traurigen Liedern. Die Emotionen werden in der Gebärdensprache sehr stark ausgedrückt. Ich übe vorher wie ich die Emotionen zeigen kann und wenn es passt, dann kann ich es so auf der Bühne zeigen.“
- Was hast Du noch geplant?
„Theater. Roland Düringer und ich planen schon seit 6 Monaten einen gemeinsamen Auftritt. Leider hat uns Corona einen Strich durch die Rechnung gemacht. Wir möchten gerne im Sommer gemeinsam auftreten und ein Theaterstück in Gebärdensprache zeigen. Es kommt auch neue Musik, 3 neue Lieder in Gebärdensprache, das ist klar, und dann sehen wir weiter.“
- Was wünscht Du Dir für die Zukunft, wenn es um die Gesellschaft geht?
„Ich wünsche mir mehr Kultur, mehr Theater und mehr Musik. Mein Wunsch war schon immer die hörenden und gehörlosen Menschen zusammen zu bringen. Egal ob es 1000, 2000 oder 50 000 sind, die gemeinsam Musik machen.
In der heutigen Zeit sollte es so sein, dass neben einem Sänger auch immer jemand steht, der das Lied gebärdet. Nicht nur beim ESC (Euro Vision Song Contest), sondern überall sollten Dolmetscher*innen dabei sein. Dolmetscher*innen sollen nicht nur ganz klein im Bild sein und auch nicht irgendwo in einer Ecke stehen. Dolmetscher*innen sollen neben dem Sänger stehen, damit man die Bewegungen und die Emotionen gut vermitteln kann. Alle sollen dabei sein, das wäre schön. Das wünsche ich mir. Alle Menschen sollen gleichgestellt sein – das ist mein Wunsch.
Aber bis jetzt ist das leider noch nicht so und es herrscht große Unsicherheit. Wir haben es geschafft ein Theater zu organisieren, wo gehörlose und hörende Menschen gemeinsam auftreten. Es ist egal, wie viele Menschen dabei sind, 300, 400 oder 500 Menschen. Man sieht dann, wie gehörlose und hörende Menschen miteinander kommunizieren.“
- Welche Botschaft hast Du an die Menschen?
„Meine Botschaft ist, dass sich alle Menschen – egal ob hörend oder gehörlos – gegenseitig unterstützen sollen.“
Danke an Brani Zunami und Jugend am Werk. Wir freuen uns auf mehr!