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Fachgespräch: Natascha Zickbauer und Eva Böhm von WITAF/NEBA

Heute erfahren wir von Natascha Zickbauer, inwiefern der WITAF gehörlose und schwerhörige Jugendliche in ihrer Berufswahl begleitet, und welche Unterstützungsangebote es im weiteren Berufsleben gibt. Eva Böhm geht als Geschäftsführerin darauf ein, was es für den WITAF bedeutet, diesen Service anzubieten und zeigt auf, wo sie im politischen Kontext noch Handlungsbedarf sieht. 

 

Mit welchen Vorstelllungen oder Sorgen kommen schwerhörige oder gehörlose Jugendliche zu Ihnen zur Beratung?  

Diese Frage ist ein bisschen vielschichtig. Es gibt sicherlich den einen Teil, in dem sich gehörlose und schwerhörige Jugendliche nicht von anderen Jugendlichen unterscheiden. Das ist das, was sie einfach mitbringen, weil sie jugendlich sind. Das ist das, was sie mitbringen, dass sie der weitere Berufsweg noch gar nicht so interessiert. Wenn sie von den Eltern geschickt werden. Wenn die Schule sagt, dass es wichtig ist, dass man jetzt genau hinschaut, dass die Berufswahl getroffen wird. Aber die Jugendlichen selber interessiert eigentlich gerade alles andere außer dem Beruf. Und da unterscheiden sie sich nicht sehr von anderen Jugendlichen. Was wir schon merken, wo es dann genauer wird ist, wenn sie zum Beispiel in Schulen sind, also im Bundesinstitut für Gehörlosenbildung. Wenn sie sehr in der Gebärdensprachcommunity verankert sind. Dann kommen schon so die ersten Gedanken und Sorgen. Wie wird das weitergehen? In welchem Umfeld werde ich arbeiten? Werde ich in Gebärdensprache kommunizieren können? Werde ich mich gut selber verständigen können? Das Thema Kommunikation kommt natürlich dann raus und ist ein Thema. Das kommt natürlich auch auf das Naturell des Jugendlichen an. Deswegen ist es bei uns so, dass wir wirklich Eins zu Eins Begleitungen machen. Also wir machen keine Gruppenarbeit bei der Berufsorientierung. Wir begleiten die Jugendlichen sehr individuell, das hat sich einfach bewährt. Es gibt Jugendliche, die sind sehr sorglos. Sie haben irgendwie große Berufswünsche und die sind sehr unrealistisch. Dann ist es oft eine gar nicht so leichte Beratungstätigkeit. Weil man sie auch an das heranführen muss und sagen muss, dass diese Berufswünsche nicht aufgehen werden, dass es nicht möglich sein wird. Dann haben wir auch Jugendliche, die sind sehr ernst und sehr überlegt. Die wissen schon und haben schon mit der Familie geredet. Sie haben vielleicht auch schon so ein bisschen einen weiteren Umblick. Das sind oft auch die, wo die Familie sehr mitengagiert ist. Man kann das wirklich nicht so ganz über einen Kamm scheren. Das Thema Kommunikation ist sicherlich ein großes Thema, bei dem es sich unterscheidet. Wo die Jugendlichen ganz klar sagen, dass sie in Gebärdensprache kommunizieren können möchten. Sie wollen mit den Freunden zusammen sein. Wo sie sich auch wieder nicht unterscheiden von anderen. Und wird das dann möglich sein? Also das sind Ängste und Sorgen und natürlich hören sie laufend, dass etwas nicht geht. Was wir mit unserer Beratung versuchen, vor allem im Jugendcoaching, immer dort anzusetzen: Die Jugendlichen haben Stärken und Fähigkeiten. Auf diese Schwächen und alles was nicht geht wurde schon intensiv geschaut. Also da hat man schon immer gehört was alles nicht geht. Und da wirklich zu schauen, wo ist das, was ihre Stärken sind, ihre Fähigkeiten, ihre Interessen. Und dass man da dann ansetzt, und dann setzen wir immer sehr berufspraktisch an. Also wenn man eine Idee hat, wie schaut das dann wirklich aus. Weil die Idee und wie es im Arbeitsalltag dann wirklich ausschaut, das sind oft zwei paar Schuhe. 

Gibt es Arbeitsbereiche, die bei den Jugendlichen beliebt sind, die sie vielleicht schon aus der Community kennen? Oder sieht man sich immer alle Möglichkeiten an?  

Wenn die Jugendlichen zu uns kommen, fragen wir sie als erstes, was der Berufswunsch ist, wenn sie sich etwas ohne Einschränkung wünschen könnten. Dass wir das einfach mal erheben. Und da sieht man, es gibt die klassischen Genderthemen auch. Dass junge gehörlose Frauen und gehörlose beziehungsweise schwerhörige Mädchen, wie man aus der anderen Population weiß, in Richtung Soziales gehen wollen. In die Richtung des Pädagogischen gehen wollen oder in die Dienstleistungsbereiche, die oft sehr stark von Frauen dominiert sind. Sich also für Unterricht, Kinderbetreuung etc. interessieren. Wenn sie also einen Wunsch ganz frei stellen können, sehen wir diese Genderthematik sehr stark. Die jungen Frauen wollen dann auch sehr kreativ sein, während wir bei den jungen Burschen und jungen Herren das Thema Handwerk haben. Die sind schon sehr handwerklich interessiert. Also KFZ-Mechaniker, Schlosser, also in diese Bereiche. Letztendlich, wenn man das weiterspinnt, ist das schon etwas dramatisch, kann man ehrlich gesagt sagen. Wir betreuen ja auch erwachsene Gehörlose. Da sehen wir, dass erwachsene Gehörlose — die männlichen — Schlosser werden können oder Maler, Tischler, Maurer, Elektriker, Mechaniker, Feinmechaniker und wie diese ganzen Berufe alle heißen. Aber für die jungen Frauen gibt es schon oft einmal diese berufliche Enttäuschung, ganz klar. Und das ist nochmal ein Unterschied. Sie sind oft Hilfsarbeiter, sind oft bei der Reinigung. Viele sind auch immer noch als Schneiderinnen ausgebildet. Das mag sich vielleicht ändern, aber in der Generation 40 bis 50 haben wir ganz viele ausgebildete Schneiderinnen. Sie haben bestimmt auch einmal einen Berufswunsch gehabt, wie Kinderkrankenschwester etc. Und sie haben die berufliche Erfahrung gemacht, dass die Berufsbiographie anders aussieht, das ist schon intensiv. 

Viele Jugendliche wollen eine Lehre machen und kein Studium – stimmt das so?  

Wir sind ganz offen. Das Jugendcoaching soll vom letzten Schuljahr bis zum Beruf ansetzen. Es kann oft sein, dass es für den Jugendlichen jetzt gerade am meisten Sinn macht, dass er noch ein Jahr in der Schule bleibt. Das ist sozusagen dieses große Thema des Nachreifens. Man sieht es dann auch oft, wenn man sie in der Beratungsstelle wiedersieht. Bei einem jungen 14-Jährigen, wenn er dann 16 ist. Das sind nur zwei Jahre, aber es liegen oft so große Unterschiede dazwischen. Etwa wie man die Sache betrachtet oder wie man an Sachen herangeht. Von dem her kann es oft wirklich viel Sinn machen, dass die Jugendlichen noch in der Schule bleiben. Wenn sie das auch wollen, dann können wir auch in diese Richtung beraten. Das Studium ist für Gehörlose nach wie vor in Österreich schwierig. Es ist herausfordernd, es schließen auch nicht so viele mit einer höheren Schule ab. Es gibt eine Handvoll Gehörlose, die studiert haben oder jetzt studieren. Das ist eine Realität, mit der wir es in der Beratungsstelle auch zu tun haben.  

Wie schwierig ist es, Lehrherren zu finden, die gehörlose und schwerhörige Jugendliche ausbilden möchten?  

Da kommt uns unser sehr individueller Ansatz zugute. Dass wir Eins zu Eins betreuen und schauen, was dieser Jugendliche braucht. In welcher Nische gibt es da etwas? Mit der Lehre ist es in Österreich ganz klar geregelt, wie eine Lehre ausschaut, was es dazu braucht von der Berufsschule. Da gibt es ein ganz klares Reglement. Und es gibt natürlich Betriebe, die viel Erfahrung mit Lehrausbildung haben. Und Betriebe, die sich da teilweise noch gar nicht damit auseinandergesetzt haben. Wenn man anfängt mit ihnen zu sprechen und zu sagen, wie das eben mit einem gehörlosen oder schwerhörigen Jugendlichen ist. Wo es dann eben noch mehr Beratungsleistung braucht. Aber es gibt große Unternehmen, die einfach immer wieder Lehrlinge ausbilden. Das große Thema bei den Gehörlosen ist einfach oft, was sehr schwierig ist, die ganzen Zugangstests. Es nennt sich jetzt oft schon sehr modern „Castings“. Diese großen Unternehmen machen dann „Castingtage“. Diese Unternehmen muss man erstmal sensibilisieren und ihnen sagen, mit welcher Zielgruppe man es da zu tun hat. Dass andere Sachen anders funktionieren, aber dass das nicht automatisch heißt, dass man dadurch schwächer ist oder dadurch etwas nicht so gut kann. Sondern, dass es einfach einen anderen Blick auf die Dinge braucht. Diese Aufgabe übernehmen natürlich auch die Jugendcoaches sehr intensiv. Sie bereiten auf diese Berufstests, auf diese Lehrzugangstests vor und begleiten diese ganzen kleinen Schritte mit. 

Können dafür Gebärdensprachdolmetscher*innen bestellt werden?  

Ja können auch. Also ein Dolmetscher hat einfach eine ganz klare Berufsaufgabe und wir in der Beratung haben auch eine ganz klare Berufsaufgabe. Es kann teilweise Überschneidungen geben. Teilweise geht man mit als Berater und kann in diesem Setting zwischen Firmenchef und Lehrherr und Jugendlichem und Angehörigen beraten. Gerade bei Jugendlichen ist das Netzwerk sehr groß. Können wir eben beratend agieren und im Sinne von einem Case-Management agieren. Wir können da natürlich auch Dolmetscher zuziehen, wann immer es das vor Ort braucht. 

Ist es während der Lehre möglich, dass Gebärdensprachdolmetscher*innen dabei sind?  

Es gibt ja die Berufsschule und es ist ganz klar geregelt, wann die Jugendlichen in der Berufsschule sind. Es wird dort gedolmetscht. Oft kommen auch aufgrund von Ressourcenmangel in den Berufsschulen Kommunikationsassistenten zum Einsatz. Teilweise gibt es dann auch noch andere Sachen wie Lernnachhilfe, Spezielles. Oder wiederrum andocken bei uns, um Beratungen, Strategien und diese ganzen Geschichten (zu nutzen). Wir versuchen immer das ganze Netzwerk auszuschöpfen, damit das, was es gibt für Gehörlose, auch wirklich dort ankommt, wo es gebraucht wird. 

Wie unterstützen Sie gehörlose und schwerhörige Menschen nach der Lehrabschlussprüfung, wenn sie fix im Unternehmen angestellt sind?  

Das geht natürlich weiter. Es hört nicht mit der Lehre auf, das, was die Arbeitsassistenz macht. Das kann auch sehr vielfältig sein. Möchte ich mich weiterentwickeln am Arbeitsplatz? Möchte ich eine Fortbildung machen? Wie kann diese Fortbildung ausschauen? Wer finanziert die? Werden Dolmetscher beigezogen? Möchte ich mich beruflich umorientieren? Möchte ich sozusagen in der Firma in einer anderen Stelle weiter sein? Gibt es Konflikte am Arbeitsplatz? Brauche ich da Unterstützung? Da kann die Arbeitsassistenz im Sinne einer Sicherung eingreifen. Es kann sein, dass ich nicht zufrieden bin am Arbeitsplatz. Sodass es zu einer Auflösung kommt und ein neues Arbeitsverhältnis gesucht wird. Da fängt dann alles an rund um die Begleitung zum AMS, die Erstellung eines Lebenslaufs. Alles, was beruflich abgedeckt werden muss, wird bei uns gemacht.  

Wo sehen Sie aktuell als Geschäftsführerin die Herausforderungen, Ihren Service weiterhin anbieten zu können?  

Wir haben das Glück, dass wir jetzt schon etabliert sind. Wir sind schon jahrelang im Geschäft und feiern heuer 25 Jahre Witaf-Arbeitsassistenz. Das bedeutet wir können auf Ressourcen und Wissen von 25 Jahren zurückgreifen. Und auch diese Kooperationstätigkeit, die schon lange mit den Fördergebern besteht, steht auf stabilen Füßen. Das ist unser großes Glück. Es gibt immer wieder einen Wandel im Förderwesen oder in Projektanträgen und Abrechnungen, aber wir sehen dem eigentlich recht positiv entgegen. Dass die Projekte weiter so bestehen. So schauen wir den nächsten 25 Jahren entgegen. Wir hoffen natürlich, dass das menschliche nicht verloren geht. Wir haben das Glück, dass wir jetzt an vielen Stellen Personen sitzen haben, mit denen wir ganz offen reden können über Entwicklungen, die sich dann sehr spontan ergeben. Coronabedingte Entwicklungen, Flüchtlingsbewegungen oder verschiedene Bedürfnisse. Wie jetzt zum Beispiel durch die Bewegung der Vertriebenen aus der Ukraine hat das Sozialministeriumservice sehr kurzfristig und großartig reagiert. Dolmetschkosten für ukrainische Vertriebene werden jetzt im Kontext der Arbeitswelt seitens Sozialministeriumservice bezahlt. Das heißt wir können auch Dolmetscher*innen hinzuziehen zu Beratungstätigkeiten oder Beratungsverläufen. Das ist wirklich nicht selbstverständlich. Also an anderen Stellen ist es schwerer ein Budget aufzustellen. Insofern müssen wir dankbar sein, dass dieses schnelle Kooperieren und Zusammenarbeiten dann so hervorragend funktioniert. Wir hoffen natürlich, dass das weiterhin so reibungslos geht. 

Haben gehörlose oder schwerhörige Jugendliche am Land auch die Möglichkeit, Ihre Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen?  

Also der ländliche Raum ist natürlich eine große Herausforderung und ist wiederrum vielschichtig. Einerseits ist es so, dass wir als Beratungsstelle nicht überall einen fixen Standort haben. Wir beraten ganz Niederösterreich auch im Jugendbereich. In Absprache mit dem Sozialministeriumservice auch das Burgenland. Je ländlicher, umso schwieriger wird natürlich der Umstand Zusatzleistung dazu zu buchen. Gebärdensprachdolmetscher*innen im ländlichen Raum zu organisieren und zu bekommen, auch wenn die Finanzierung steht, ist natürlich schwieriger. Wenn es eine Berufsschule gibt, irgendwo im tiefsten Niederösterreich oder irgendwo eine Lehrstelle gibt, bei der halt auch wenig Dolmetscher*innen vor Ort sind, dann hat der Jugendliche natürlich mit mehr Barrieren zu kämpfen. Das hat aber natürlich auch vielleicht Vorteile, weil im ländlichen Raum die Leute manchmal auch ein bisschen offener sind und sich auch auf manche Dinge einlassen, die Jugendlichen manchmal auch schon kennen oder die Familien schon kennen. Also da hat man auch Vorteile am Land. 

Könnte man Ihre Beratung über Videochat österreichweit anbieten?  

Also da spreche ich jetzt aus persönlicher Erfahrung als ich noch selbst in der Beratungstätigkeit war. Ja, das ist eine Übergangslösung und für zwischendurch eine kurze Beratung oder Rückfragen von bestimmten Dingen eine gute Lösung. Aber die Gebärdensprache ist dreidimensional und alles, was man im persönlichen Miteinander besprechen kann, ist natürlich die optimalere Version. Ich sage mal so, dass man im Persönlichen besser zwischen den Zeilen lesen kann. Oder emphatisch darauf eingehen kann, was das Visavis gerade braucht. Wo sind jetzt Unsicherheiten? Das spürt man schon oft auch noch eher im Live-Setting. Ich bin davon überzeugt, dass uns die digitale Version des miteinander Kommunizierens noch lange begleiten wird und es hat auch viele Vorteile. Jetzt würde ich mal sagen so eine hybride Version, also eine Mischung aus online und live ist gut. Gleichzeitig haben wir auch viele Kund*innen, die überfordert sind mit diesem digitalen Kommunizieren. Das hängt manchmal mit dem Bildungshintergrund zusammen. Manchmal hängt es aber auch wirklich mit dem Alter zusammen. Also es gibt sehr viele Kund*innen, die sehr schlecht kommunizieren können über digitale Plattformen und auch manchmal die Technik nicht haben. Die haben dann ein ganz schlechtes Smartphone. Die können sich auch die Gigabytes, die notwendig sind, nicht leisten. Und haben dann Schwierigkeiten da mitzuhalten. 

Welche Initiativen wünschen Sie sich von der Politik in Bezug auf Sensibilisierung und die inklusivere Gestaltung von Arbeitsplätzen?  

Im Kontext Gehörlosigkeit ist schon ein Riesenschritt passiert, weil Gebärdensprachdolmetscher*innen jetzt sichtbarer geworden sind und dadurch die Gebärdensprache sichtbarer geworden ist in den Medien. Das sind die positiven Seiten von Corona. Dass Pressekonferenzen und ganz viele öffentliche Reden und Auftritte gedolmetscht werden. Das macht etwas mit der Öffentlichkeit. Das ist gesellschaftsbildend. Das ist nicht nur ein Service für Gehörlose, die die Gebärdensprache brauchen um barrierefrei kommunizieren und verstehen zu können. Sondern, das wandelt Bilder im Kopf um würde ich sagen. Alles was in den Medien an Werbung passiert sollte inklusiver gestaltet werden. Menschen mit Behinderung sollten gleichwertig ihren Platz finden. Ebenso in Serien, in Moderationsfunktionen, überall wo Sichtbarkeit möglich ist, sollte die Gesellschaft wie sie ist auch abgebildet werden. Und da denke ich, dass da noch viel Luft nach oben ist.  

Könnte es auch Initiativen von der Wirtschaftskammer geben?  

Ich sage einmal so, dass Aufklärung und Sensibilisierung für Firmen und für Führungskräfte schon in der Ausbildung passieren könnten. Also wenn man das besser in Ausbildungscurricula implementieren würde, dann, glaube ich, wären auch viele Barrieren schon von Vornherein abgebaut. Zum jetzigen Zeitpunkt müsste man natürlich verstärkt wahrscheinlich in Firmen gehen, um hier aufzuklären. Aber es wäre schon ein Riesenschritt in der Ausbildung der Polizei das stärker zu implementieren. In der Ausbildung, im Kontext vom Witaf, habe ich mit dem AKH jetzt viel zu tun gehabt. Die haben jetzt im Intranet ein paar Videos reingeschalten, um Ärzte zu informieren. Ich denke mir, das könnte man noch viel breitgefächerter in Curricula miteinbetten. Das wäre keine teure Lösung, aber es hätte einen ziemlich großen Effekt.  

Gibt es noch etwas, das Sie erzählen möchten?  

Die Kollegin hat es schon angesprochen, ein ganz großer Punkt ist einfach die weiter andauernde Bildungsdiskriminierung von Menschen mit Behinderung. Es ist ein weiterer Appell, dass Gebärdensprache fester Bestandteil der Ausbildung von klein auf sein sollte. Bildung fängt am Tag Eins an. Eltern müssten gut beraten werden, wenn sie ein Kind mit Behinderung haben, speziell wenn sie ein gehörloses haben. In Hinblick auf Gebärdensprachkommunikation. Sprache macht so viel mit uns. Sprache ist mitunter dafür verantwortlich, wie sich kognitiv unsere Nervenzellen verknüpfen. Sprache ist so wichtig und sollte ab dem ersten Tag jedem Kind gleichwertig zur Verfügung stehen. Wenn ich mir anschaue, dass jetzt erst eine gehörlose Studierende in Graz ohne Gebärdensprachdolmetschkostenübernahme einen pädagogischen Beruf ergreifen konnte und jahrelang dafür gekämpft hat Dolmetschkosten zu kriegen. Und wir schreiben das Jahr 2022. Die Gebärdensprache ist schon so lange anerkannt und Österreich hat die UN-Konvention schon so lange ratifiziert. Wenn man sich den jetzigen nationalen Aktionsplan anschaut, der ins Finale geht. Er hat so viele Lücken. Wo ich mir denke, die Selbstvertreter*innen haben klare Vorgaben und klare Worte gesprochen. Sie geben ihre Expertise teilweise gratis her, viel von dieser Beratungsleistung wird gegeben, ohne dass es monetär entgolten wird. Und dennoch wird es oft nicht mit rein genommen in die Gesetzgebung. Das finde ich einfach schade und für so ein reiches Land wie Österreich ist es ein Armutszeugnis. 

Foto/Video Credits: OEGLB / Gebärdenwelt.tv
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