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Berufsbilder in der Gebärdenwelt: ein Unternehmer von damals erzählt …

Es ist wichtig, eine positive Einstellung zu haben, selbstbewusst, anständig, pünktlich und insbesondere ehrlich zu sein.

 

Wer bist du und was hast du beruflich gemacht?

Gute Frage! Mein Name ist Franz Stalzer, ich bin aus Graz. Früher war mein Beruf Goldschmied und ich war selbstständig.

Wie funktionierte die Kommunikation mit Behörden, Ämtern, Wirtschaftskammer, …?

Früher gab es für mich kein Problem. Ich war oft bei Behörden, dem Finanzamt, der Wirtschaftskammer oder anderen Stellen ohne Dolmetscher*in, die Kommunikation war kein Problem und ich konnte alles verstehen. Früher gab es einfach keine Dolmetscher*innen, aber ich habe es trotzdem geschafft. Ich habe mich gefreut, dass ich es geschafft habe und es ist viele Jahre gut verlaufen. Manchmal musste ich aber dringend wo anrufen, das hat dann mein Geselle für mich erledigt. Sonst habe ich immer alles selbst gemacht ohne Unterstützung.

Was waren für dich die Vor- und Nachteile der Selbstständigkeit?

Bei der zweiten Frage zu den Vorteilen kann ich sagen für mich war das selbstständig sein wunderbar. Ich konnte machen, was ich wollte und niemand hat mir gesagt, was ich zu tun hatte. Ich konnte auch selbst unterrichten, was für mich ebenfalls ein großer Vorteil war. Ich hatte viele Stammkunden, die immer wieder zu mir gekommen sind, von jung bis alt. Gespräche mit ihnen waren kein Problem, das ist auch ein großer Vorteil. Ich konnte auch Urlaub machen, wann ich wollte. Das war eine sehr schöne Zeit für mich. Als Nachteil sehe ich, dass ich mal bessere und mal schlechtere Einnahmen hatte. Bei guten Einnahmen gab es keine Probleme. Bei zu wenig Einnahmen fragte ich mich, wie ich die Arbeiter*innen bezahlen soll. Aber ich musste alles pünktlich bezahlen. Auch die Finanz und die Krankenkassa mussten bezahlt werden und die Steuer war auch immer dabei, aber trotzdem: Ich bin stolz, dass ich es als Gehörloser geschafft habe bis zur Pension durch zu arbeiten.

Wie reagierten Kund*innen auf gehörlose erfolgreiche Unternehmer*innen?

Zur dritten Frage über die Kund*innen: Man sagt der Kunde ist immer König. Ich musste mit meinen Kund*innen immer gut umgehen und sie beraten. Aber es gibt verschiedene Menschen. Viele Stammkund*innen sind immer wieder gekommen und waren immer zufrieden. Aber auch Neukund*innen sind zu mir gekommen. Anfangs waren sie oft unsicher und wussten nicht, wie sie mit mir umgehen sollen, weil ich ja gehörlos bin. Aber ich habe das einfach in die Hand genommen und habe bei der Beratung mit ihnen die Dinge besprochen oder aufgeschrieben. Wenn es dann noch Schwierigkeiten gab habe ich meinen Gesellen dazu geholt, der dann geholfen hat. Dann war meistens alles klar. Aber ich hatte auch Kund*innen die immer wieder gefordert haben meine Ware billiger zu verkaufen und mir gesagt haben, dass andere die Ware billiger verkaufen als ich und ich zu teuer wäre. Dann bin ich zur Tür gegangen und habe sie hinausgebeten, ich hatte keine Angst. Die Kund*innen haben das so hingenommen und sind gegangen. Nach ein paar Wochen sind sie dann wieder gekommen und haben darum gebeten, dass ich den Auftrag mache. Also war es doch nicht so teuer bei uns. Ich habe viele Kund*innen erlebt, es war schön. Es bleibt unvergesslich.

Gibt es Bereiche in denen du dir früher als Unternehmer mehr Unterstützung gewünscht hättest?

Zur vierten Frage: Ja ich verstehe. Früher gab es keine Unterstützung von den Behörden. Wie es aktuell ist, weiß ich leider nicht. Hörende Menschen bekommen schon Beratung und Unterstützung, gehörlose Menschen ganz wenig. Auch Dolmetscher*innen gab es keine, man musste alles auf eigene Faust machen. Jetzt ist es etwas besser: es gibt Dolmetscher*innen, man bekommt Förderungen. Das ist schön. In Zukunft soll es noch besser werden.

Was würdest du jungen gehörlosen Menschen raten, die gerade auf Jobsuche sind?

Jungen gehörlosen Menschen, die Arbeit suchen, kann ich raten viel zu zeigen. Das ist ganz wichtig. Immer herzuzeigen, was man alles kann. Man darf nicht sagen, dass man nur ganz wenig kann, weil man gehörlos ist. Man muss zeigen, dass man alles kann. Es ist wichtig eine positive Einstellung zu haben, selbstbewusst, anständig, sauber, pünktlich und außerdem ehrlich zu sein. Dann wird es in Zukunft immer besser und besser. Ich wünsche euch alles Gute.

Foto/Video Credits: OEGLB / Gebärdenwelt.tv
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