Hallo! Wir sind heute im BSFZ Südstadt. Hier spielt man Badminton.
Wir treffen eine gehörlose Europameisterin, die Badminton spielt – Katrin Neudolt. Ich werde jetzt ein Interview mit ihr führen.
Katrin Neudolt: Hallo!
GW: Hallo, ich habe dein Training gesehen – beeindruckend! Im Oktober hast du in Litauen den Titel als Europameisterin geholt. Wie war das für dich?
Katrin Neudolt: Allgemein ist es für mich gut gelaufen. Bis zum Halbfinale habe ich alles klar gewonnen. Das Halbfinale war schon herausfordernd, aber das Finale war wirklich harte Arbeit. Aber ich habe es geschafft und gewonnen.“
GW: Sehr schön! Das Finale war wirklich sehr spannend. Wie war es für dich?
Katrin Neudolt: Natürlich war ich ein bisschen nervös. Meine Gegnerin war eine junge Nachwuchssportlerin aus der Ukraine. Sie wäre meine Nachfolgerin, weil sie auch in den
hörenden internationalen Meisterschaften mitmacht. Beim ersten Satz hatte ich alles gut unter Kontrolle. Bei zweitem Satz war es zuerst knapp, dann konnte ich aber doch mehr Punkte erzielen.
GW: Gratulation zu deinem Erfolg!
Katrin Neudolt: Danke!
GW: Im April warst du als erste gehörlose Spielerin bei der EM für Nicht-Behinderte in Madrid. Was ist für dich der Unterscheid zwischen beiden?
Katrin Neudolt: Der erste große Unterschied ist das viel höhere Leistungsniveau. Es ist schwierig zu vergleichen. Das Niveau ist einfach anders. So war die erste Runde gleich ein harter Kampf.
Vor zwei Wochen spielte ich in Tschechien gegen dieselbe Gegnerin und konnte mehr Punkte holen. Aber es war einfach deutlich, dass das Niveau sehr hoch ist.
GW: Gab es sonst noch Unterschiede zwischen den Meisterschaften in Litauen und Madrid?
Katrin Neudolt: Beide Veranstaltungen waren toll und professionell organisiert. Die internationale Veranstaltung mit Hörenden war ein bisschen besser, aber es sind beide super. Der große Unterschied ist wirklich das Leistungsniveau. Es fällt auf, dass die hörenden und gehörlosen Nachwuchsspieler*innen 4- bis 5-mal pro Woche trainieren. Auch bei den gehörlosen Spieler*innen steigt
die Qualität und das Niveau weiterhin.
GW: Toll, dass du so viele Erfahrungen sammeln konntest. Im Moment trainierst du für die WM.
Wie schaut dein Trainingsprogramm aus?
Katrin Neudolt: Für das nächste Jahr habe ich zwei große Ziele: Als erstes Ziel habe ich die Weltmeisterschaft der Gehörlosen in Brasilien vor mir. Ein, zwei Wochen davor bin ich bei den European Games. Das ist im Rahmen der europäischen olympischen Spiele für Hörende. Darum sammle ich seit August bis nächstes Jahr fast jedes Wochenende Weltranglistenpunkte. So kann man sich für die Teilnahme qualifizieren.
Die European Games sind 1-2 Wochen vor der WM und für mich wie eine Vorbereitung auf die WM-Spiele. Wenn ich bei den European Games meine Nervosität gut meistere, gibt mir das Sicherheit für die Weltmeisterschaft. So sehen meine Ziele aus: Ich habe nur zwei Wochen Pause in der Weihnachtszeit, dann geht es schon weiter mit Meisterschaften.
GW: Dann geht es wahrscheinlich auch weiter mit den Trainings, oder?
Katrin Neudolt: Ja, genau – Trainings und Meisterschaften.
GW: Wow! Hast du eine Botschaft für andere gehörlose Sportler*innen?
Katrin Neudolt: Es gibt zwei Sachen, die ich sagen möchte: Wer Leistungssport betreiben möchte, sollte sich ein leistungsförderndes Umfeld suchen. In einem Verein für Hörende findet man oft gute Qualität, Ausbildung und Kommunikation. Dann steht dem Leistungssport eigentlich nichts mehr im Weg. Wichtig ist auch, dass man immer nachfragt und Information einholt. Beim Hobbysport ist die Gemeinschaft und der Zusammenhalt wichtig. Dann kann man sich gegenseitig motivieren und das ist besonders wichtig. Darum ist es wichtig, dass der Verein ein gemeinsames Training anbietet. Es braucht also beide Seiten. Auch durch die Organisation von Vereinsmeisterschaften kann die Motivation gefördert werden.
GW: Was ist für dich an Badminton so besonders?
Katrin Neudolt: Badminton ist für mich wie eine Sucht. Für mich ist es eine der schwierigsten Sportarten. Ich habe verschiedene Sportarten probiert und finde Badminton sehr herausfordernd. Man braucht Schnelligkeit, Kraft, Ausdauer, mentalen Fokus, Konzentration, Dynamik, Strategie und noch viel mehr. Es sind so viele verschiedene Anforderungen und darum ist es für mich eine tolle Herausforderung.
GW: Schön! Im September bist du Wiener Sportlerin des Jahres mit Behinderung geworden. Wie hast du dich dabei gefühlt?
Katrin Neudolt: Das ist wirklich eine große Ehre und drückt die Unterstützung der Stadtgemeinde Wien aus. Die Stadtgemeinde Wien fördert die Gleichbehandlung gehörloser und nicht-behinderter Personen im Sport sehr. Im österreichweiten Vergleich sticht da Wien wirklich heraus. Das ist besonders toll.
GW: Schön! Danke für alles!
Katrin Neudolt: Danke! Gerne!